„Unser Bua“ – Zu Besuch bei einer Schanzer Gastfamilie

„Unser Bua“ – Zu Besuch bei einer Schanzer Gastfamilie

Gastbeitrag des FC Ingolstadt 04

Wie ein 16-Jähriger Gießener im tiefsten Oberbayern eine zweite Familie fand: Fatih Kaya ist als Kapitän der U 19 eines der Top-Talente beim FC Ingolstadt 04 und durfte vor kurzem sogar mit ins Trainingslager der Profis reisen. Trotz der Entfernung zur Familie und einer schweren Verletzung hat sich Fatih bislang hervorragend als Jungschanzer durchgebissen. Besonderen Halt gibt ihm seit seinem Wechsel zum FCI die Familie Scharrer aus Gerolfing bei der der Juniorennationalspieler untergebracht ist. Die Reaktion der Scharrers, wenn sie bei Spielen der U 19 gefragt werden, „ob das ihrer ist?“ – „Ja klar, das ist unser Fatih!“

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Der FC Ingolstadt 04 sucht zur Saison 2018/19 wieder Gasteltern für Spieler des Nachwuchsleistungszentrums im Alter zwischen 14 und 17 Jahren.

Sie sollten in Ingolstadt oder der näheren Umgebung wohnen, Interesse an der Betreuung eines jungen Fußballtalents haben und passende Räumlichkeiten für dessen Unterbringung bieten.

Der FC Ingolstadt 04 übernimmt dafür eine angemessene Vergütung.

Bei Interesse oder Fragen wenden Sie sich bitte an den pädagogischen Leiter des Nachwuchsleitungszentrums, Florian Kögler, per Email an fko@fcingolstadt.de oder telefonisch unter 0841 88557 133 bzw. mobil unter 0176 38071126.

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Vor etwa anderthalb Jahren wechselte der 16-Jährige Angreifer vom FSV Mainz 05 nach Ingolstadt, weit weg von den in Gießen lebenden Eltern. Für Fatih und seine Familie kam ein Internat oder ein Einzelappartement jedoch nicht in Frage: „Wenn man noch so jung ist und zum ersten Mal wirklich lange weg ist, braucht man eine Ersatzfamilie, die für einen da ist, insbesondere neben dem Platz. Genau diese Familie habe ich hier gefunden und ich glaube, man kann sagen, dass es nicht besser hätte laufen können!“

      
Dass gerade zu Beginn von Fatihs Zeit in diesem neuen und ungewohnten Umfeld noch nicht alles passt war dabei selbstverständlich und allen klar. „Man ist zunächst bei Fremden zuhause und braucht einfach ein paar Wochen, bis man sich etwas annähert, bis man weiß, wie alles abläuft, bis man gewisse Regeln aufgestellt hat und man wirklich Teil des Ganzen wird“, meint Fatih rückblickend. Auch für Uli und Jürgen Scharrer, die schon in der Vergangenheit immer wieder Austauschschüler bei sich aufgenommen haben, waren die ersten Wochen von Anpassung und einer gewissen Unsicherheit geprägt: „Es geht beim Essen los und zieht sich durch den Alltag, doch es fällt nicht allzu schwer sich gegenseitig anzupassen. Schon nach kurzer Zeit lief aber alles gut und es war ein bisschen so, als hätten wir neben unseren zwei eigenen Kindern noch ein drittes dazubekommen.“ „Wichtig ist aber auch, dass man sich als Spieler anpasst. Es gibt Regeln und Aufgaben, doch Selbstständigkeit gehört genauso dazu. Man ist zuallererst Gast und muss sich so verhalten, schließlich wird man versorgt und unterstützt.

„Man muss nicht wirklich zurückstecken, sondern bekommt im Gegenteil viel zurück“, antwortet Uli Scharrer auf die Frage, ob es denn auch zu kleineren Problemen kommt. „Natürlich gibt es auch mal schwierigere Phasen, sei es durch Heimweh, Unzufriedenheit oder weil es einfach nicht so läuft. Doch gerade dann ist es wichtig, den Kontakt zu suchen und gemeinsam eine Lösung zu finden.“

In Fatihs Fall könnte das Verhältnis zu seiner Gastfamilie allerdings kaum besser sein. Die Scharrers stehen bei fast allen Partien als lautstarke Fans am Rand und neben den interessanten Gesprächen im Haus der Familie freuen sich Uli und Jürgen besonders über die Jubelfaust in ihre Richtung, wenn Fatih auf dem Platz wieder seine Torjägerqualitäten unter Beweis gestellt hat: „Da ist man einfach stolz und auch wenn er nur als Gastspieler hier ist, ist Fatih schon so etwas wie ‚unser Bua‘.“

Durch einen komplizierten Knöchelbruch musste Fatih jedoch leider eine längere Auszeit nehmen, mehrere Operationen über sich ergehen lassen und sich in der Reha wieder zurückkämpfen – „eine Zeit in der meine Gastfamilie immer für mich da war und mir zusammen mit meiner Familie und Freunden unheimlich viel Kraft gegeben hat“, so Fatih, der zudem betont, wie sehr diese Zeit alle Beteiligten, gerade auch die beiden Familien, zusammengeschweißt hat.

Ein gutes Verhältnis und regelmäßiger Austausch mit der „richtigen Familie“ ist laut Gastmutter Uli Scharrer ohnehin sehr wichtig. Doch auch eine gewisse Rücksicht und Behutsamkeit gerade in den ersten Tagen kann die Gerolfingerin nur empfehlen. Die erwähnten kleineren und größeren Anpassungen gehören dabei genauso dazu.

Würdet ihr dieses Gastfamilien-Programm anderen empfehlen?

„Letztlich muss das jeder selbst für sich entscheiden. Es ist aber in jedem Fall eine Erfahrung wert, wir nehmen unheimlich viel mit. Trotzdem sollte man sich bewusst sein, dass man jemanden in seine Privatsphäre lässt und man nicht beim ersten kleinen Zwist aufgeben darf. Es kann auch mal nicht perfekt passen, doch dann muss man sich arrangieren können. Auch wenn es vom Verein eine Vergütung gibt, sollte man es auf keinen Fall nur deshalb machen“, fasst Uli Scharrer ihre Meinung zu dem Programm zusammen und wird von Fatih ergänzt: „Spielern, die weit weg sind, kann ich es nur empfehlen. Eine Gastfamilie kann eine überragende Stütze sein, die einem vieles mitgibt. Ich persönlich habe nur positive Erfahrungen gemacht!“

Zum Saisonende neigt sich Fatihs Zeit in Gerolfing aber dem Ende entgegen und er muss sich als Volljähriger eine eigene Bleibe suchen. „Das ist der Lauf der Dinge, gehört dazu und kann nicht geändert werden“, blickt Jürgen Scharrer etwas wehmütig voraus, betont aber gleichzeitig die Faszination, die Entwicklung eines jungen Fußballers hautnah mitzuerleben und seinen Teil dazu beitragen zu können. Bis dahin wollen die Scharrers und Fatih aber noch einige gemütliche Fußballabende vor dem TV, viele gemeinsame Stunden am Esstisch und vor allem möglichst viele Tore von Fatih erleben.

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