Leseempfehlung: April Genevieve Tucholke: „All the strangest things are true”

Leseempfehlung: April Genevieve Tucholke: „All the strangest things are true”

Rezension

Das Buch ist „allen Mädchen, die mit dem Kopf in den Wolken stecken“ gewidmet und da merkt man schon, wer die Handlung des Buches bestimmt: die weiblichen Hauptcharaktere. Poppy sagt dem Leser gleich, als sie das erste Mal zu Wort kommt, dass sie grausam ist. Sie weiß es und es macht ihr nichts aus. Warum auch, sie ist schön und kommt mit allem durch. Es wirkt auch beinahe wie eine Herausforderung, sie zu verurteilen.

Wink redet von ihrem Leben, als wäre es eines der Märchen, das sie ihren vielen Geschwistern vorliest. Jede Geschichte brauche einen Helden, sagt sie, und jede Geschichte brauche einen Schurken. Sie hat beschlossen, den Jungen, der gerade gegenüber einzieht, zu ihrem Helden zu machen. Das ist Midnight.

Er ist von allen dreien der ruhige, beobachtende Berichterstatter, eine Art Tür zur Handlung für den Leser. Als er das erste Mal zu Wort kommt, erzählt er von Poppy, die er liebt und gleichzeitig vergessen will, weil er weiß, dass sie ihn ausnutzt. Poppy, die von Wink schon zum Schurken ihrer gemeinsamen Geschichte erklärt wird, bevor sie und Midnight sich kennenlernen. Poppy, die ihr Lieblingsspielzeug garantiert nicht an „das Wildvieh“, also Wink, abtreten wird.

Die beiden Mädchen verwickeln ihn in ein Netz aus seltsamen Ereignissen und Machtspielen, doch wer von beiden die Fäden in der Hand hat, verstehen er und der Leser erst am Ende. Obwohl schon im Klapptext versprochen wird, dass einer der Erzähler lügt, fühlt es sich nie so an: Die Motivationen und Ansichten, Poppys Wut und Winks Geschichten sind klar und nachvollziehbar. Trotzdem passt die Auflösung gegen Ende ins Bild und kommt einem nicht gezwungen oder unnatürlich vor. Auch Randcharaktere, wie Poppys Gruppe an Nachfolgern oder Winks Geschwister, besonders ihr großer Bruder Leaf, die genauso Teil des Spiels sind, verdienen ihre Daseinsberechtigung.

Die Geschichte spielt während den Sommerferien in einer verlassenen Gegend in den Bergen, abseits der Stadt, was zum ruhigen, zögerlichen Schreibstil der Autorin passt. Ebenso wie die Tatsache, dass das Buch nicht in Kapitel eingeteilt ist, sondern in einander abwechselnde Berichterstattungen der Charaktere, die fließend ineinander übergehen. Die Landschaft trägt auch die Atmosphäre, die einem beim Lesen wie ein einsamer Spaziergang durch einen tiefen, dunklen Wald vorkommt.

Insgesamt ist All the strangest things are true von April Genevieve Tucholke ein durchaus zu empfehlendes Buch, das man am besten auf einer Bank in der Natur und an einem Stück liest.

Theresia Johanna Händeler, Q11, aus dem Wahlkurs Schulbibliothek

(ab 14 Jahren, 2017, 224 Seiten, ISBN: 978 3 522 20232 9, erschienen im Thienemann Verlag, Stuttgart, 14,99€)

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